Von Kreativität ist heute in allen möglichen Zusammenhängen die Rede. Was sie genau auszeichnet und wie sie sich zeigt, ist allerdings durchaus klärungsbedürftig – im Blick sowohl auf notwendige strukturelle Kontexte, gleichsam Bedingungen der Möglichkeit von Kreativität, als auch auf die 'Logik' und Gestalt kreativer Praktiken. Dabei scheint offensichtlich, dass kreative Prozesse nicht im Nirgendwo ansetzen. Sie setzen vielmehr etwas voraus (was immer dies ist), das sie transformieren, reformieren oder revolutionieren – ohne dass sich diese Prozesse selbst wiederum auf regelhaftes, lern- und reproduzierbares Wissen reduzieren ließen. Derart lebt Kreativität von Unbestimmtheit. Sie verweist auf unabschließbare Möglichkeiten.
Die Beiträge in dem von Andreas Grossmann herausgegebenen Buch 'Kreativität denken' erörtern das Thema aus verschiedenen disziplinären Perspektiven. Prof. Waechter reflektiert über 'Das Entwerfen in der Architektur' ein genuin architektonisches Verfahren, als solches eine besondere Form des Erkenntnisprozesses und der Wissensgenerierung. Denn das Ziel eines Entwurfs in der Architektur ist nicht die Erkenntnis, die den Kriterien empirisch arbeitender oder interpretierender Wissenschaften, natur- oder kulturwissenschaftlichen Maßstäben der Erkenntnisgewinnung entsprechen, sondern immer ein singuläres Ergebnis, ein einzelnes Konzept oder Produkt im Sinne eines Prototyps, auch wenn Entwürfe in Grenzen auch verallgemeinerbare, übertragbare Ergebnisse haben. Doch weder die Verallgemeinerbarkeit noch die Wiederholbarkeit ist ein Kriterium an dem ein ‚guter Entwurf‘ gemessen wird. Die Singularität bedingt wiederum theoretische und methodische Konsequenzen für den Prozess der Wissensgenerierung, denn keine Methode muss ja an einem anderen Maß gemessen werden als an dem Ziel des einzelnen Entwurfs.
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